Altmunitionsentsorgung in Nord- & Ostsee kommt nicht voran

Zeitliche Verzögerungen und unzureichende Finanzierung führen das „Sofortprogramm Munitionsaltlasten“ ad absurdum

Keine guten Nachrichten für die Nord- & Ostsee: Wie die Bundesregierung in mehreren Antworten auf parlamentarische Anfragen einräumen musste, gibt es massive Probleme beim „Sofortprogramm Munitionsaltlasten“. Mit größtem Aufwand wurde Anfang September von Bundesumweltministerin Lemke der Beginn von Pilotprojekten zur Munitionsbeseitigung in ausgewählten Ostsee-Gebieten verkündet. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Planungen des Bundesumweltministeriums (BMUV) weit hinter den von der Ampel selbst gesteckten Zielen zurückbleibt – sowohl auf den Zeitlinien wie auch finanziell.

„Über uns schwebt ein Damoklesschwert: Wir wissen, wie dringend die Munitionsentsorgung in Nord- und Ostsee angegangen werden muss“, erklärt Astrid Damerow, die Obfrau und Berichterstatterin der Union im Umweltausschuss ist. „Umso erstaunter bin ich über das zögerliche Handeln des Bundesumweltministeriums.“ Besonders kritisiert die Unionsabgeordnete, dass regierungsseitig der Bau einer neuartigen Entsorgungsplattform nur mit halber Kraft vorangetrieben wird. Diese Plattform soll mit ihrem innovativen Technikansatz Grundlage einer großflächigen Munitionsentsorgung werden. Entgegen einem Beschluss der Ampel im Bundestag soll die Plattform nach Regierungsplanungen erst im Jahr 2025 – also geschlagene vier Jahre nach Beschluss des Koalitionsprogramms mit einem „Sofortprogramm“ – ihre Arbeit aufnehmen.

„Diese Zeit haben wir aber nicht! Und vor allen Dingen brauchen wir sie nicht“, so Damerow. Sie verweist darauf, dass fertige Konzepte für eine Entsorgungsplattform auf dem Tisch liegen, die schnell umgesetzt werden könnten. „Das Ministerium redet aber lieber nicht mit der Industrie und läuft sehenden Auges in die Situation, nicht genügend Geld für die Plattform zur Verfügung zu haben“, erklärt die Umweltpolitikerin. Insgesamt stehen nämlich 100 Millionen Euro zur Verfügung – genau die Summe, die für die Entsorgungspattform benötigt wird. Jetzt aber will die Bundesregierung über 33 Millionen Euro für konventionelle Entsorgungsmaßnahmen und andere Vorhaben ausgegeben – gegen den Bundestagsbeschluss. „Das passiert einzig und allein, damit Steffi Lemke überhaupt eine Erfolgsmeldung produzieren kann. Das ist letztlich aber nur eine kurzweilige Jubelmeldung – beim Kernproblem kommen wir damit keinen Schritt weiter“, so Damerow.

Auch ein Blick auf die aktuellen Ausgaben zum Sofortprogramm Munitionsaltlasten schreckt auf. Von den im Jahr 2023 zur Verfügung gestellten 28 Millionen Euro will das Bundesumweltministerium nur 1,2 Millionen Euro ausgeben. „Das Ministerium meldet hier Schiffbruch“, erklärt der CDU-Haushaltspolitiker Ingo Gädechens. „Gerade einmal 4% der vorgesehenen Mittel sollen in diesem Jahr auch wirklich ausgegeben werden. Das ist in Zahlen gegossene Arbeitsverweigerung.“ Auch die weitere Finanzierung macht Gädechens Sorgen. Denn zur langfristigen Munitionsentsorgung fehlt noch eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, wie die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Zwei Jahre nach Ankündigung des Sofortprogramms kann die Bundesregierung hier jedoch keinerlei Einigung oder Zwischenergebnis melden. „Auch hier muss man leider nach zwei Jahren Sofortprogramm feststellen: Keine Ergebnisse.“ Das alles mache für Gädechens deutlich: „Mit ‚sofort‘ hat das Programm leider nichts zu tun.“